Lokallust Dorsten - page 14

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Dorstener Integrationsforum dif
tungsklassen für Schüler mit türki-
schenWurzeln unterrichtet, ehren-
amtlich Sprachkurse für Flüchtlin-
ge und Migranten geleitet,war als
Mutter in Klassen- und Schulpfleg-
schaft engagiert. Diese Erfahrun-
gen brachte die Dorstenerin mit,
als 2011 das Integrationsforum als
„Migrantenselbstorganisation“ ins
Leben gerufen wurde. Der Verein
organisierte als erstes eine Haus-
aufgabenhilfe. Das Angebot wurde
mit Hilfe pensionierter Pädagogen
auf- und ausgebaut und steht heu-
te auch Flüchtlingskindern offen.
In der Gründerzeit zählte die Grup-
pe 16 Mitglieder. „Heute sind wir
nicht viel mehr“, stellt Kocatürk
fest. „Aber wir sind aktiver.“ Nach
wie vor steht der Einsatz für Bil-
dung und Familie im Mittelpunkt,
aber die Schwerpunkte haben
sich verschoben. Denn als sich
Anfang des Jahres abzeichnete,
dass der Strom von Flüchtlingen
immer breiter wurde, fühlte sich
das Integrationsforum gefordert
und entwickelte mit dem nieder-
schwelligen Sprachunterricht und
den Spielgruppen für Kinder neue
Angebote. Die Stadtverwaltung
reagierte positiv auf die Initiative
des Vereins: „In Dorsten funktio-
niert eine ganze Menge, das mag
in anderen Städten anders sein“,
sagt die 2. Vorsitzende.
Erfahrungsgemäß fällt es Kin-
dern leichter, eine neue Sprache
zu lernen. Das Integrationsforum
bettet den Deutschunterricht in
spielerische Angebote ein, damit
sich die Kinder wohlfühlen, Zu-
wendung spüren und daraus das
Selbstvertrauen entwickeln, auf
ihre neue Umgebung zuzugehen.
Einmal pro Woche besuchen drei
oder vier EhrenamtlerInnen die
Unterkünfte an der Crawleystra-
ße und im Hotel Berken, auch an
der Luisenstraße soll bald eine
Spielgruppe etabliert werden. Die
Mitarbeiter des dif basteln, spielen
und sprechen mit den Jungen und
Mädchen. Sie lernen beimMemory
oder Bilderlotto neue Wörter und
einfache Sätze. Bei Gesellschafts-
spielen werden einfache Regeln
des sozialen Verhaltens eingeübt.
Basteln trainiert die Feinmotorik
und erschließt über den Gebrauch
von Materialien wie Papier, Stoff,
Schere und Kleber neue Themen,
die mit Wörtern „erobert“ werden
wollen. Auch beim Austoben im
Freien, bei Mannschaftsspielen
und Sport, werden die Regeln in
der deutschen Sprache erklärt.
Die Ehrenamtler müssen an diesen
Nachmittag auf vielfältige Weise
handeln und reagieren - das ist
nicht immer ein Kinderspiel.
„Den Eltern ist klar, dass die Spiel-
gruppen der Integration dienen“,
davon ist Margarethe Matschinsky
überzeugt. Die 65-Jährige ist oft
erstaunt, „wie viel Vertrauen uns
die Eltern schenken.“ Die Vorsit-
zenden des Integrationsforums
wechseln oft die Perspektive, sie
versetzen sich in die Rolle der
Flüchtlinge und sehen die Situa-
tion mit ihren Augen. „Die Kinder
sind doch das Liebste, was sie ha-
ben, und das vertrauen sie uns in
den Spielgruppen an.“ Das bedeu-
tet im Umkehrschluss für die eh-
renamtlichen Betreuer: Sie müs-
sen zuverlässig sein, um dieses
Vertrauen zu rechtfertigen.
Dif-Vorsitzender Ferit Kocatürk
ist sicher, dass keiner der Neuan-
kömmlinge ohne schwerwiegen-
den Grund seine Heimat aufge-
geben hat. Der Vorsitzende des
Integrationsforums ist ebenso si-
cher, dass für Flüchtlingskinder in
Deutschland nichts wichtiger sein
kann als eine gute Schulbildung.
Das Integrationsforum setzt sich
für Chancengleichheit ein, aber die
Vorsitzenden haben große Zwei-
fel, dass sich das Ziel in dieser Ge-
neration erreichen lässt. Aber sie
wollen heute die Weichen stellen,
damit Chancengleichheit in der
nächsten Generation näher rückt.
Text. M-L Schmand
Fotos: Christian Sklenak
Info
Der Verein verfolgt eine doppelte Zielsetzung: Die Förderung der Erzie-
hungskompetenz von Eltern mit Migrationshintergrund und der Chan-
cengleichheit von Kindern und Jugendlichen. Das Integrationsforum
nimmt also sowohl Kinder als auch ihre Eltern in den Blick. Ihnen soll be-
wusst werden, welche entscheidende Rolle sie bei der Ausbildung ihrer
Kinder spielen. Die Hausaufgabenhilfe des Integrationsforums richtet
sich in erster Linie an die Söhne und Töchter von - zumeist türkischstäm-
migen - Migrantenfamilien. Sie leben zwar in der zweiten und dritten
Generation in Deutschland, doch brauchen ihre Kinder in der Schule Un-
terstützung. Pensionierte LehrerInnen betreuen an zwei Nachmittagen
in der Woche Schüler aus allen Schulformen, man trifft sich im Sozial-
raum der Ditib-Moschee am Holzplatz. Inzwischen steht dieses Hilfsan-
gebot auch Flüchtlingskindern offen. Margarethe Matschinksy freut sich
sehr, dass auch einige Oberstufenschüler vom Gymnasium Petrinum die
Hausaufgabenhilfe unterstützen. „Wir haben fast eine 1:1-Betreuung“,
das schaffe gute Bedingungen für intensive Förderung.
Eltern und Kinder fördern
In den Spielgruppen kommt auch das gute
alte Mensch-ärgere-dich-nicht zu Ehren.
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