Lokallust Haltern am See - page 16

16
Jugendherberge | 21. Mai 2016
Wie lange ist es her, dass ich das letzte Mal hier
war? Ende 60er Jahre – Stadtranderholung viel-
leicht, danach noch mal mit der Schule – keine
Ahnung. Auf jeden Fall: Verdammt lang her.
Verschwommene Erinnerungen kommen hoch:
lange Flure, die nach Bohnerwachs rochen,
Schlafsäle, in denen zwei Fußballmannschaften
plus Betreuer Platz fanden, oder lange Bänke
imSpeisesaal mit grellemNeonlicht. Ich erinne-
re mich aber auch daran: Es war immer was los
und man lernte eine Menge neue Leute kennen.
Auch später noch, als man mit Interrail-Ticket
oder gleich per Anhalter durch Europa tourte:
Jugendherbergen waren nicht nur eine güns-
tige Übernachtungsmöglichkeit, sondern auch
immer Treffpunkt, Kontakt- und Infobörse.
Heute komme ich in ein ansprechend helles
Foyer, das sich kaum vom Eingangsbereich
eines Mittelklasse-Hotels unterscheidet und
werde von Herbergsleiterin Christiane Huch-
Baden freundlich begrüßt. Als ich ihr meine
Erinnerungen an den letzten Aufenthalt an
dieser Stelle schildere, entlockt es ihr nur ein
süffisantes Schmunzeln. Die Zeiten gehörten
nicht nur in der Jugendherberge Haltern schon
lange der Vergangenheit an, versichert sie mir.
Neben Schulklassen und Sportvereinen wür-
den Jugendherbergen sehr gerne von Familien
genutzt - und die hätten heute eben ganz an-
dere Ansprüche. Ein Rundgang überzeugt mich
sofort. Ein- und Zweibett-Zimmer mit Dusche/
WC und teilweise auch TV, und auf den Kopfkis-
sen liegen, wie es sich in einer guten Herberge
gehört, kleine Begrüßungsgeschenke, hier eine
kleine Tüte Gummibärchen. In meine Bewun-
derung mischt sich aber auch ein klein wenig
Wehmut nach den alten Etagenbetten, die beim
Einsteigen natürlich immer knarrten - und das
gefühlt immer dann am lautesten, wenn man
mal wieder der Letzte war, der in den Schlaf-
raum kam. Doch auch da kann mich Christiane
Huch-Baden beruhigen, „auch das gibt es heute
noch, vielleicht nicht mehr ganz so große Säle
wie damals, aber Gemeinschaftsschlafräume
mit Etagenbetten, in denen man für wenig Geld
übernachten kann, sind nicht abgeschafft. Das
Gemeinschaftserlebnis hat auch heute in Ju-
gendherbergen noch immer einen hohen Stel-
lenwert“. Nur habe man sich natürlich den ge-
änderten Erwartungen anpassen müssen.
In Haltern scheint das ausgesprochen gut ge-
lungen zu sein. Vor gut drei Jahren wurde das
Haus für 6,5 Millionen Euro von Grund auf sa-
niert. Im Haupthaus gibt es seither 168 Betten.
Wenn man das Römische Dorf, in dem kleine
Appartements angemietet werden können,
dazunimmt, dann kommt man auf 234 Betten.
„Und zu bestimmten Zeiten sind die auch alle
ausgebucht“, freut sich Christiane Huch-Baden.
So auch zur Zeit, wenn es auch nicht so aus-
sieht - im Haus und auf den Außenanlagen ist
an diesem sonnigen Frühlingsnachmittag recht
wenig los. „Im Moment sind die Gäste wohl alle
im Wald oder draußen am See“, vermutet die
Herbergsleiterin. Das sei ja auch einer der ganz
Der „Charme“ der
70er ist lange vorbei
Die Jugendherberge in Haltern darf sich
jetzt Sportjugendherberge nennen
1...,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15 17,18,19,20,21,22,23,24,25,26,...48
Powered by FlippingBook