Lokallust Haltern am See - page 6

DIE SACHE MIT DEM HERZEN
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Weihnachten in Haltern | 09. Dezember 2017
„Es war
einmal ...
... ein besonders harter Winter.
Viel Schnee, Minusgrade und kal-
ter Wind pfiffen durch die Gassen
der beschaulichen Altstadt. Ein
Wetter, das dazu einlud, drinnen
zu bleiben und vor dem Kamin
die Füße hochzulegen. Das Jahr
war fast vorbei und die Natur si-
gnalisierte den Menschen: Bleibt
drin und genießt die Zeit mit eu-
ren Lieben! Nur wollte das keiner
hören. Trotz Eiseskälte herrschte
in der Stadt ein Gewusel und Ge-
wimmel. Erwachsene, bepackt
mit Einkaufstüten, schleppten
sich durch den Schnee. Kinder
verloren im Gedränge ihre El-
tern und weinten, bis sie endlich
Mama oder Papa wiederentdeck-
ten und vor lauter Überforderung
der Erwachsenen noch eine or-
dentliche Standpauke einstecken
mussten: Ich hab dir doch gesagt,
du sollst hier warten!
Sie können es sich sicher vor-
stellen – besinnlich war es hier
nicht. Im Gegenteil. Konsum
und volle ToDo-Listen ließen die
eigentliche Idee von Weihnach-
ten im tiefen Schneegestöber
verschwinden. Und dann war
da auch noch die Sache mit der
Autogrammstunde. In einem der
größeren Kaufhäuser, wo junge
Damen sich von wohlhabenden
Männern schicke Kleider kaufen
ließen, sollte just an dem Tag ein
berühmter Schriftsteller auftre-
ten. Für die kleine Stadt, in der es
sonst eher gemütlich zuging, war
das der Höhepunkt des Jahres.
Seit Tagen schon flüsterten die
Menschen sich auf der Straße wis-
sende Dinge zu: Ich hab ihn schon
gesehen. Er wohnt im Hotel am
Kirchplatz. Hast du ihn etwa auch
gesehen? Keine Frage, dass alle
dabei sein wollten.
Entsprechend voll war also das
Kaufhaus, wenige Minuten, bevor
es endlich losgehen sollte. Die
ganzen Einkaufstüten, gestress-
te Eltern und enttäuschte Kinder
quetschten sich gegeneinan-
der: Hey, hier stand ich! Ich kann
nichts sehen! Jetzt machen Sie
doch mal Platz! Also unerhört...
Doch dann – ein leises Glöckchen
klingelte – kam der Star end-
lich an seinen Platz und begann
mit dem Signieren seines neues
Es ist doch immer das gleiche.
Das ganze Jahr über hat man
so viel Zeit. Erst kommt Karne-
val, dann, an Ostern, ist endlich
die Fastenzeit zu Ende, und kurz
darauf folgt der Sommerurlaub.
Man lässt sich treiben, genießt
das Leben und dann das! Auf ein-
mal – ganz plötzlich – ist Weih-
nachten! Ach du Sch... Jetzt ist
Stress angesagt. Geschenke ein-
kaufen, Deko aus dem Keller ho-
len, Plätzchen backen und dabei
noch so wirken, als mache man
alles mit links. So oder ähnlich
sieht es fast überall in Deutsch-
land aus. Aber nur fast. Denn
in einer kleinen Stadt zwischen
Ruhrgebiet und Münsterland ti-
cken die Menschen anders. An
Weihnachten erinnert man sich
hier jedes Jahr an eine Geschich-
te, die den Menschen Augen und
Verstand geöffnet hat. Es ist eine
Geschichte, die die Menschen in
der kleinen Stadt sich jedes Jahr
zum Christfest ehrfürchtig er-
zählen. Und sie beginnt mit den
für viele so vertrauten Worten
Text: Dr. Felicitas Bonk
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