Lokallust Dorsten - page 42

Ja, es stimmt. Ich habe es wieder
getan. Es ist nicht zu leugnen.
Möglicherweise hat Ihnen bereits
jemand davon erzählt. So was
spricht sich ja schnell um.
„Hast du das vom Schaefer ge-
hört? Der hatte ’nen Rückfall!“
– „Wie?“ – „Ja, wenn ich’s doch
sage! Der kann’s nicht lassen!“ –
„Unmöglich, der Typ. Wieso tut
der sich das an?“ – „Keine Ah-
nung. Ich glaub, der hat richtig
einen an der Klatsche!“
Aber ich will es nicht noch
schlimmer machen. Lieber alles
offen und ehrlich rausposaunen,
genauso wie es passiert ist, be-
vor die Leute wirklich noch so
über mich sprechen. Also.
Nach Jahren der Abstinenz
bin ich letzte Woche zum ersten
Mal wieder in den Drive-In ei-
ner großen Fast-Food-Kette ge-
fahren. Ich hatte mir eigentlich
geschworen, nie wieder Geld für
diese Art Essen auszugeben.
Aber letzte Woche hatte ich
plötzlich, wie aus dem Nichts,
dieses Verlangen. Ohne Vorwar-
nung. Alles in meinem Körper hat
nach ungesundem, fettigem Es-
sen von McDoof verlangt.
Zu Hause wird sehr viel Wert
auf gesundes Essen gelegt. Aus-
gewogen und bio. Das hat zur
Folge, dass ich kerngesund bin.
Yes! Am besagten Tag war mir al-
lerdings alles egal. Und ich weiß
nicht mal, warum.
Bilder von quietschgelbem,
f ädenz i ehendem
Schmelzkäse zwi-
schen zwei völ-
lig
identischen
Hackfleischschei-
ben, giftgrünem Sa-
lat und pappigem Weiß-
brot tauchten vor meinem
geistigen Auge auf.
Und ich fand das nicht absto-
ßend! Ganz im Gegenteil, diese
verkehrte Essenswelt wirkte au-
ßerordentlich verführerisch auf
mich. Eine Stimme in meinem
Kopf sagte: „Vergiss ausgewo-
gen und bio! Frittiert und künst-
lich, das ist es, was du jetzt
brauchst!“ Der sinistren Stimme
folgend bin ich in die Stadt ge-
fahren und habe meine Bestel-
lung durchgegeben.
Schnitt. Eine Viertelstunde
später. Ich sitze voll von Pommes
mit Mayo und Burger und Apfel-
Fritz Schaefer (Jahrgang 1997) ist leidenschaftlicher Beobachter und Belauscher. Der gebürtige Dorstener teilt seine Gedanken und Erlebnisse monatlich
in der Lokallust. Lustig, charmant und bestimmt auch kritisch. Neben seinen Hörspiel- und Filmprojekten arbeitet er für verschiedene Verlagshäuser und
Rundfunkanstalten. Die Universität Witten/Herdecke machte ihn 2015 zum „Pfad.finder“-Stipendiaten. Seit 2016 ist er Mitglied der Grimme-Preis-Jury. Die
Fritz-Kolumne ist zusätzlich immer online hörbar – als Pommes-Soko-Erfinder und Ex-Mike-Litt-Praktikant hat der Autor ein Faible für das gesprochene
Wort. QR-Code scannen oder unter lokallust.de anhören. Leserpost:
Der Rückfall
tasche und zuckrigem Getränk
im Auto. Mich plagt das schlech-
te Gewissen: So lange hast du
durchgehalten. So lange hat es
dir gar nichts ausgemacht. So
lange warst du standhaft. Und
dann, innerhalb kürzester Zeit,
drehst du durch, hörst Stimmen
und machst alles zunichte.
Zum Glück scheint sich die Sa-
che mit diesem mysteriösen Vor-
fall erledigt zu haben. Es beginnt
eine neue, fastfoodfreie Ära.
Gruß aus der Küche
Fritz
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Fritz-Kolumne
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