Lokallust Dorsten - page 12

12
Friseurmeisterin Renate Schult
Renate Schult empfindet
ihr Leben und ihre Tätigkeit als
Friseurmeisterin als großes Glück
Es war einer dieser Tage im Leben
eines Pressemenschen, den man
wohl nie so ganz vergisst. Mein
Besuch in Renate Schults Damen-
frisiersalon auf dem Haardberg
in Östrich. Zunächst hatte ich
trotz Navigation Schwierigkeiten
einen
Friseursalon
entdecken
zu können. Wo verflixt versteckt
sich die Hausnummer 190? Lang-
sam fahre ich in die Einfahrt ei-
nes Grundstücks, entdecke dann
auch die Hausnummer, die 190,
ich muss hier also richtig sein.
Aber: ich kann wirklich gar nichts
entdecken, was nur annähernd
auf einen Friseursalon hinweisen
könnte. Ein Werbe-Leuchtkasten
mit der Aufschrift „Damenfrisier-
salon Schult“ über einem Fenster,
hinter dem man die Trockenhau-
ben erahnen könnte, ist hier nicht
zu entdecken. Dafür entdecke ich
etwas ganz anderes hinter dem
Scheibeneinsatz der Haustür: Re-
nate Schult. Sie öffnet die Haus-
tür während ich noch zögernd auf
diese zugehe. „Sie müssen von der
Lokallust sein“, empfängt Sie mich
mit einem herzlichen Lächeln auf
den Lippen. Ja, das bin ich - und
noch weiß ich nicht, dass es nicht
mehr lange dauert, bis mich Re-
nate Schult in ihren Bann gezogen
hat.
Hereingetreten in die gute Stube
entdecke ich rechts von mir einen
Raummit drei Frisiertischen, jeder
Menge Trockenhauben und di-
versen Friseurutensilien. „Das ist
mein Friseursalon, seit 55 Jahren,
wurde aber immer wieder Mal mit
neuem Lack überzogen“, erzählt
Renate Schult.
Die gebürtige Duisburgerin, die
mit sechs Jahren nach Dorsten
zog, blickt zurück auf eine lange
Selbstständigkeit. 1960 legte sie
nach ihrer Ausbildung im Lehrbe-
trieb von Anton Freitag ihre Prü-
fung zur Friseurm-
eisterin vor der
Handwerkskam-
mer zu Münster
ab. 2010 über-
reichte man ihr,
was nicht vielen
Menschen vergönnt ist,
für ihre 50-jährige Tätig-
keit im Friseurhandwerk, den
Goldenen Meisterbrief. Auch das
ist heute schon wieder fünf Jah-
re her, doch Renate Schult denkt
noch überhaupt nicht ans Aufhö-
ren. „Der Salon ist mein Hobby,
ich empfinde die Ausübung mei-
nes Berufes als großes Glück“, so
Schult. Sie möchte eine Anzeige in
unserem Magazin schalten, auch
um sich bei ihrer Stammkund-
schaft zu bedanken. Doch ich bin
längst in der Geschichte angekom-
men, welche sie hier gerade lesen.
„Ich würde gerne eine Geschichte
über Sie schreiben“, gebe ich ihr zu
verstehen. „Ach, was gibt es über
mich denn wohl zu erzählen“, so
ihre Antwort. Gut, die Frage steht!
Mittlerweile weiß ich, dass Renate
Schult wohl eine der ersten Dors-
tenerinnen auf einem Surfbrett
war. „Das steht noch im Keller.
So mancher Surfer wollte mir das
Brett im Laufe der Zeit abkaufen.
Aber bitte, das kann ich doch nicht
machen, das ist ja ein Stück mei-
ner Lebensgeschichte“, erzählt
Schult.
Ebenfalls
weiß ich um ihr
früheres Hobby,
dem Skifahren.
Auch, dass sie mit
ihrem vor 24 Jah-
ren
verstorbenen
Ehemann eine große
Leidenschaft für das Segeln
entdeckte. Und genau das ist es,
was die 78-jährige so sympathisch
macht. Sie erzählt! Man kann sich
gar nicht wehren und nach kür-
zester Zeit hat man den Eindruck,
man wäre einmal durch ihr gesam-
tes Leben gerauscht. Aber lang-
sam, kommen wir noch einmal zu-
rück auf ihre Leidenschaft. „Mein
Mann und ich hatten unser Segel-
schiff zunächst in Holland, später
auf Rügen liegen. Wir haben wohl
jeden Tropfen Wasser der Nord-
und Ostsee berührt und einmal
schafften wir es sogar aufgrund
von guten Witterungsverhältnis-
sen bis ins Mittelmeer“, so Schult.
Aus Holland weiß sie noch eine
Geschichte zu erzählen. In Holland
haben wir einst am Muttertag im
königlichen Hafen gelegen. Durch
eine Bekannte bekamen wir Kon-
takt zum Hafenmeister, welcher
dafür sorgte, dass wir einsegeln
konnten. Auch das Schiff von Kö-
nigin Beatrix lag vor Anker und die
Königsfamilie bezog gerade das
Schiff für einen Ausflug auf dem
Meer. Unter den drei Königskin-
dern, unter anderem dem heuti-
gen König der Niederlande, Wil-
lem-Alexander, haben mein Mann
und ich Klümpjes verteilt.“
Auch nach dem Tod ihres Mannes
segelte Renate Schult noch zwölf
Jahr alleine über Nord- und Ost-
see. „Dann wurde es doch ein biss-
chen schwierig“, erzählt die heute
78-jährige, „und ich musste mich
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...64
Powered by FlippingBook