Lokallust Dorsten - page 59

Fritz Schaefer (Jahrgang 1997) ist ein leidenschaftlicher Beobachter
und Belauscher. Er teilt seine Gedanken und Erlebnisse monatlich in der
Dorstener Lokallust mit. Lustig, charmant und bestimmt auch kritisch.
Die Fritz-Kolumne ist online zusätzlich immer hörbar – als Pommes-
Soko-Erfinder und Ex-Mike-Litt-Praktikant hat der Autor auch ein Faible
für das gesprochene Wort. QR-Code scannen oder unter lokallust.de
anhören.
- Schließlich heiße ich Fritz.
MITTELSCHARFER SENF
Es ist wieder an der Zeit, Sie hinter
die Kulissen dieser Kolumne mit-
zunehmen. Ich hadere nämlich mit
mir, worüber ich schreiben soll.
Oder besser: Worüber ich schrei-
ben darf.
Christian, der sich bei der Lokal-
lust um mich und meine Texte
kümmert, hat einmal erklärt, wie
er sich meinen Schreibprozess vor-
stellt: „Du hast eine Idee,
dann setzt du dich hin und
schreibst das Ding ein-
fach runter.“
In 95 Prozent der Fälle
ist das auch so. Aber heu-
te bin ich verunsichert.
Am Telefon habe
ich mit Christian
besprochen,
dass ich über
die
Merca-
den schreiben werde.
Da geht es schon los. Wurde nicht
bereits alles geschrieben und ge-
sagt über das neue Einkaufszent-
rum? Sollte man nicht besser ab-
warten und Tee trinken?
Auch in meinem Bekanntenkreis
ist das Thema ein alter Hut. Pro
und Contra wurden diskutiert,
es wurde prognostiziert, nach
der Eröffnung hat man sich
mokiert, aber auch ver-
lustiert. Und jetzt ist da
Fritz, der nicht kapiert.
Zuallererst: Steht es mir
überhaupt zu, hier mei-
nen mittelscharfen Senf
zu den Mercaden
abzugeben?
Ja, haben ein
paar Leute
g e s a g t ,
wer hat schließlich schon die Ge-
legenheit, so öffentlich seinen
Standpunkt zu vertreten? Und
überhaupt, was sagt denn die Ju-
gend zum neuen Konsumtempel?
Jetzt sind wir an der Stelle, an der
ich nicht weiterkomme. Soll ich,
nur weil ich kann? Bin ich die Ju-
gend? Natürlich gefällt mir nicht
alles an den Mercaden, aber muss
ich das hier breit-
treten? Oder soll ich
absichtlich nur Gu-
tes schreiben? Oder
schreibe
ich
gar
nichts, so wie bis-
her? Nein, jetzt bin
ich schon mittendrin,
jetzt muss was kom-
men, das erwarten
Sie von mir. Und der Bürgermeister
sagt, dass das hier eine „freche Ko-
lumne“ ist. Dem muss ich gerecht
werden. Also, zwei mal Senf, aber
dann ist gut.
Erstens: In meinem Malta-Reisebe-
richt (weiter vorne im Heft) erzähle
ich von den schönen Gärten und
Terrassen, die man in der Haupt-
stadt Valletta zum Meer hin ge-
baut hat. Als ich das gesehen habe,
musste ich sofort an die Mercaden
denken. Wieso öffnet man sich
bei uns nicht architektonisch dem
Wasser? Ein kleines Café zum Ka-
nal hin, das wär’s doch. Eis essen,
Schiffen winken, Fritz-Kolumne
lesen.
Zweitens: Da stand vorher schon
einmal ein Einkaufszentrum. Ist
das wirklich alles so neu und an-
ders? Nö.
Ich finde ganz andere Dinge im
Stadtbild gewöhnungsbedürftig.
Nach wie vor zum Beispiel, dass
es Effi in der Innen-
stadt nicht mehr
gibt. Oder, dass die
Ursulinen neugebaut
haben. Oder dass da
ein riesiger Media-
Markt am ZOB steht,
oder ein ALDI am Ze-
chengelände.
Aber
ein
Einkaufszent-
rum? Das kennen wir doch schon.
Da muss man nicht pro oder cont-
ra sein. Entweder man ist Kunde,
oder man ist es nicht.
Und natürlich guckt man sich das
Gebäude an, wenn man an der
Kreuzung wartet, dass die Ampel
grün wird. In der Zeit könnte man
allerdings auch in aller Ruhe ein-
kaufen.
59
“Kleines Schnitzel
(Sauce zur Auswahl)
mit Pommes”
auf dem Kultteller
“Currywurst
Pommes”
in der Kultschale
5,
35
3,
95
4,
95
Montag ist
Hähnchentag
Dienstag ist
Familientag
1/2
Hähnchen
mit 1 Portion Krautsalat
verschiedene, leckere Saucen auch zum Mitnehmen!!!
Grillhähnchen Chilibird
1/2 Grillhähnchen
mit pikanter
Sweet-Chili-Sauce
5,
55
8
© Sea Wave/Fotolia.com
30. April 2016
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