Ein Fall für die Notaufnahme – wirklich?

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Ein Fall für die Notaufnahme – wirklich?

Die Notaufnahme der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln platzt aus allen Nähten

Wer nachmittags oder abends die Notaufnahme der Vestischen Kinder- und Jugendklinik in Datteln betritt, den beschleicht der Verdacht, dass dort jemand 100-Euro-Scheine verteilt: Halle und Warteräume platzen aus allen Nähten. "Tatsächlich ist es im Herbst immer voll", sagt Prof. Michael Paulussen, Ärztlicher Direktor der Vestischen Kinder- und Jugendklinik, "aber das, was wir im Moment erleben, sucht wirklich seinesgleichen!".

Ein Grund für die hohe Belegung von Kinderkliniken landauf, landab ist das RS-Virus, eine Atemwegserkrankung, die vor allem kleinen Kindern Probleme macht. Schon im vergangenen Winter erlebten Kinderkrankenhäuser einen wahren Ansturm von RSV-Patienten, in diesem Jahr scheint sich die Welle zu wiederholen. Die Betten der Klinik sind voll.

"RSV ist aber nicht unser einziges Problem", sagt Paulussen mit Blick auf die proppenvolle Wartehalle: "Wir bitten alle Familien, sich zu fragen: Ist unser Kind wirklich ein Fall für die Notaufnahme oder tut es nicht auch der reguläre Gang zum Kinderarzt?". Bei Erkrankungen, die schon länger anhalten oder die kein unmittelbares Eingreifen nötig machen, sei der niedergelassene Kinderarzt der richtige Ansprechpartner, so Paulussen weiter. "Wir erleben immer häufiger Familien, die zu uns in die Klinik kommen, weil es jetzt gerade gut passt. Aber wir sind keine allgemeine Rund-um-die-Uhr-Anlaufstelle, sondern tatsächlich eine klinische Notaufnahme für schwer kranke Kinder."

Eltern, die Kinder mit länger anhaltenden Beschwerden oder milden Symptomen zur Abklärung in der Aufnahme vorstellen, binden allerdings Kapazitäten, die an anderer Stelle dringend benötigt werden: "Wir alle machen unseren Job hier aus vollem Herzen und möchten allen Kindern helfen. Aber unsere wichtigste Aufgabe besteht darin, dass wir schwer kranke Kinder versorgen und sie bei Bedarf stationär aufnehmen", erklärt Paulussen und bittet: "Prüfen Sie bitte, ob ihr Kind ein Problem hat, das wirklich unmittelbarer Hilfe bedarf oder ob sie nicht auch zu regulären Geschäftszeiten eine Kinderarztpraxis besuchen können. Familien, die wirkliche Notfälle erleben, werden Ihnen dankbar sein!" Jeder könne in eine Situation kommen, in der er schnell ärztliche Hilfe braucht. "Und jeder von uns möchte dann auf ein Team treffen, dass sich auf diesen Notfall konzentrieren kann!"

Nicht nur die Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln platzt aus allen Nähten: Auch andere Kliniken in der Region melden seit ein paar Tagen Land unter. Dass es im Herbst voll werde, sei normal – in diesem Jahr sei die Welle aber heftiger als in den letzten beiden, in der die Menschen pandemiebedingt stärker auf die Einhaltung von Hygieneregeln geachtet haben, lässt auch der Kreis Recklinghausen verlauten. Dieser beobachtet die Entwicklung von Virusinfektionen. Das RS-Virus sei keine meldepflichtige Krankheit, so dass es dazu keine verlässlichen Zahlen gebe, so Marina Lorsch, Leiterin des Infektionsschutzes im Kreis. Ein guter Parameter für die Entwicklung sei aber die Zahl der gemeldeten Grippefälle – und die ist seit Oktober um 235 Fälle angestiegen, rechnet Lorsch vor: "Und das sind nur die Fälle, die durch Labore bestätigt wurden."

Text: Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln

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