Stressfreie Weihnachten

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Stressfreie Weihnachten

In diesem Jahr geht es in den Urlaub

„Los, los, beeilt euch“, rufe ich genervt meinen beiden Halbwüchsigen zu, „das Taxi kommt jeden Moment!“ Dabei bin ich selbst noch nicht fertig. Tausend Sachen fallen mir plötzlich ein, die noch erledigt werden müssen: Herd kontrollieren, überall die Stecker der elektrischen Haushaltsgeräte ziehen, Wasser abdrehen, Notfallnummern hinterlegen. Nur der Herr des Hauses hat die Ruhe weg und sieht sich noch in aller Ruhe die Nachrichten an.

Weihnachten steht vor der Tür, heute Abend ist es wieder so weit, da werden die Geschenke ausgepackt. Aber wir entfliehen in diesem Jahr dem Weihnachtstrubel und dem Stress. Dem Einkaufsstress, dem Putzstress, dem Kochstress und dem Familienstress. Dafür, muss ich feststellen, haben wir jetzt aber vorher Stress.

Wir verbringen dieses Jahr das Weihnachtsfest ganz ruhig in der Sonne am Meer. Keine hektischen Last-Minute-Einkäufe und auch kein blinkender Tannenbaum, der eh nie den Geschmack der ganzen Familie trifft. Auch kein stundenlanges Studieren diverser Weihnachtsrezepte, um es der ganzen Familie recht zu machen: laktosefrei, vegetarisch, keine Erbsen, keine Ananas, Low Carb und bloß nicht zu viel Fett und Kalorien – da ist die Auswahl dann nicht mehr sehr groß.

Aber wie gesagt: dieses Jahr kein Stress.

„Wenn wir erst einmal gelandet sind“, denke ich mir, „dann relaxen wir!“ Weihnachten in der Sonne, ohne „Weihnachts-Bling-Bling“, ohne „Ho Ho Ho“ und ohne Weihnachtsgedudel, das einem bereits seit Oktober aus allen Läden entgegenschallt.

Der Taxifahrer hupt. „Der muss auch dringend etwas ruhiger werden“, denke ich mir, und nachdem jeder noch einmal ins Haus musste, weil er etwas Wichtiges vergessen hatte, geht es endlich los zum Flughafen.

Vor Ort angekommen gehen meine drei erst einmal den Ort besichtigen. Ich putze indessen das Bad, spüle das Geschirr und wasche die Schränke aus. Da bin ich pingelig, wer weiß, wer vorher in dem Appartement gewohnt hat. Meine Familie kommt gutgelaunt im Urlaubsmodus zurück – ich befinde mich jetzt allerdings noch mehr im „Urlaubnötig-Modus“ als noch vor ein paar Stunden. Mann und Nachwuchs beschließen ein paar Runden schwimmen zu gehen, ich hingegen lege mich auf die Couch und schlafe. Endlich Ruhe!

Zwei Stunden später habe ich mich vom Weihnachtsputz fern der Heimat erholt, sodass wir essen gehen können. Kurz vor Betreten des Restaurants bitte ich meine Familie noch kurz zu warten, denn ich habe etwas vergessen. Ich eile schnell zurück in unser Feriendomizil, hole den klappbaren Weihnachtsbaum aus meinem Koffer und stelle diesen nebst weiterer Weihnachtsdekoration auf. Kerzen, die Krippe und ein Teller mit Nüssen und Lebkuchen gehören doch zu Weihnachten dazu.

Beim Betreten des der Appartementanlage zugehörigen Restaurants stutze ich. „Sie hätten doch wenigstens heute am Heiligen Abend …“,  setze ich an, als ich die fehlende Weihnachtsdekoration bemerke, verstumme aber, als ich den Blick meines Mannes sehe. „... einen Baum schmücken können“, vollende ich den Satz im Stillen. Lange können wir den zwar festlich, aber nicht weihnachtlich geschmückten Saal sowieso nicht genießen, denn in meinem Koffer war nun mal kein Platz mehr für festliche Garderobe, die hier erwünscht ist. Wir nehmen notgedrungen Platz im zweiten Restaurant. Das Buffet hier ist zwar reichlich, aber es gibt weder Ente mit Klößen und Rotkohl noch Kartoffelsalat mit Würstchen. „Nicht einmal beim Essen stellen sich die Einheimischen darauf ein, dass wir Weihnachten haben“, ärgere ich mich im Stillen. Dann fällt mir aber wieder ein, dass wir ja dieses Jahr dem Weihnachtstrubel entfliehen wollten. Nun gut, Jägerschnitzel mit Pommes tut es dann auch.

Ich dränge meine drei etwas schneller zu essen, ich habe ja noch eine Überraschung für sie. Es reicht auch, wenn wir morgen anfangen uns nicht zu stressen. Zurück im Appartement bekomme ich dann leider nicht den ersehnten Dank und die Begeisterung, die ich erwartete. „Wollten wir nicht..?“, begann mein Mann und der Filius haute natürlich in die gleiche Kerbe: „Ein Weihnachtsbaum, wie uncool!“ Unter Tränen lösche ich die Lichterkette und setze mich mit einer einsamen Kerze in Sternenform alleine auf den Balkon. In der Hand halte ich die Fotos der eingepackten Geschenke, die zu Hause auf ihre Besitzer warten. Währenddessen gehen in den sozialen Netzwerken die ersten Fotos der Geschenke um die Welt und meine Beiden kommentieren sie mit Worten wie „wow“, „klasse“ oder „genial“. Ich versuche die Situation ein wenig zu retten, indem ich ins Appartement gehe und auf dem Laptop „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ suche. Weihnachten ohne diesen Kultfilm ist fast wie Ostern ohne Ostereier, wie Silvester ohne Bleigießen. „Silvester“. Es klingelt in meinem Kopf. Wir haben für Silvester weder Raketen noch Utensilien fürs Bleigießen. Wir müssen uns dringend einen Wagen mieten und in die nächste Stadt fahren und uns mit diesen Sachen eindecken. Und nach Silvester genießen wir dann noch die uns verbleibenden zwei Urlaubstage – die dann aber absolut stressfrei!

Text: Martina Jansen
Foto: fotolia

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