Gemeinsame Hilfe für trauernde Kinder

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Gemeinsame Hilfe für trauernde Kinder

Trägt Opa einen Anzug, wenn er beerdigt wird? Ist ein Sarg innen weich gepolstert? Wo bringen die Männer mit den schwarzen Anzügen Tante Betty jetzt hin?

Kinder und Jugendliche beschäftigen sich mit dem Tod. Sie stellen Fragen. Und sie möchten sie auch beantwortet wissen. Leider sind Erwachsene nicht immer in der Lage zu antworten. Sei es, dass sie selbst in ihrer Trauer gefangen, sei es, dass sie unsicher oder einfach überfordert sind. Die Kinder und Jugendlichen bekommen vielleicht völlig falsche Antworten, die die Situation noch verschlimmern und anschließend bleiben sie mit ihren Gedanken alleine.

Bevor diese Situation eintritt, bietet Karin Geismann seit Jahren ehrenamtlich praktische Hilfen und Gespräche für Kinder an.
„Wir sollten, möglichst schon bevor ein Angehöriger stirbt, mit Kindern über den Tod und über Abschied reden“, so die Trauerbegleiterin des Abschiedshauses Geismann. „Der Tod gehört zum Leben und wir müssen ihn daher aus der Tabuzone herausholen. Sätze wie ‚Darüber redet man nicht‘ oder ‚Dafür bist du noch zu klein‘ sollten der Vergangenheit angehören.“
Um Kindern und Jugendlichen die Fragen rund um Tod und Bestattung behutsam, aber ehrlich zu beantworten, nimmt das Bestattungshaus bereits zum dritten Mal am „Türöffner-Tag“ der „Sendung mit der Maus“ teil. Beim ersten „Maustag“ übertrafen die Anmeldungen alle Erwartungen der Familie Geismann, so dass ein zusätzlicher Termin festgelegt wurde. Auch jetzt am 3. Oktober öffnet das Abschiedshaus an der Burgsdorffstraße 1 erneut seine Türen. Die Organisation liegt in diesem Jahr bei Nicol Matulewski. Sie begleitet zusammen mit weiteren Mitarbeitern die „Maustag-Kinder“ auf dem Weg, den auch ein Verstorbener nimmt, wenn er vom Bestatter aus dem Krankenhaus oder von Zuhause abgeholt wird. „Natürlich sind am „Maustag“ zusätzliche Ansprechpersonen sofort zur Stelle, falls ein Kind mit der Situation überfordert wäre“, bemerkt die junge Frau.
Am Tag der offenen Tür können die Kinder ganz unbefangen mithelfen, einen Sarg auszukleiden, eines der Abschiedszimmer besichtigen, einen Sarg bemalen oder – und das ist auch sicher dieses Mal wieder das Highlight – sich hinters Steuer eines Bestattungswagens setzen. Vor Ort steht auch der „Museumskoffer Vergissmeinnicht“, der „coole Koffer“ rund um das Thema Tod. Er kann von KiTas, Schulen oder anderen Organisationen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, gerne bei Karin Geismann kostenlos ausgeliehen werden.

 

Trauerbegleiterin Karin Geismann kann die Kinder nur kurzfristig während der Beerdigungszeit auffangen, die Gruppen im „Trauerbüro“ des Soziokulturellen Zentrums „Das LEO“ Kindern und Jugendlichen bieten dagegen eine langfristige Unterstützung.

Begleitet werden diese Gruppen von den beiden Mitarbeitern des Ambulanten Hospizdienstes Natalie Vennemann (Kinderkrankenschwester und Kinder- und Jugendtrauerbegleiterin) und Ulla Kuhn (Sozialpädagogin und Trauerbegleiterin), sowie Ingeborg Herzfeld als Ehrenamtliche des Hospizdienstes, die eine zusätzliche Ausbildung zur Kinder- und Jugendtrauerbegleiterin absolviert. Unterstützt werden sie durch beiden LEO-Mitarbeiter Meryem Ebeling und Dennis Ullrich.

Nachdem sich die Gruppen übergangsweise ein halbes Jahr lang im Baumhaus getroffen haben, wurde nun am 13. September das „Trauerbüro“ im LEO offiziell vorgestellt. Ein selten genutzter Raum wurde dafür zum Büroraum und zum Ort der Begegnung für trauernde Kinder und Jugendliche umfunktioniert. 

In der Selbsthilfegruppe für Suizidangehörige, die Ulla Kuhn in Kooperation mit der AGUS begleitet, kam schnell die Frage auf, wer sich um Kinder kümmert, die Angehörige durch Suizid verloren haben. Auch diese Kinder und Jugendliche sollten begleitet werden und können nun direkt in die Trauergruppen aufgenommen werden. 

Geplant sind drei altersmäßig getrennte Gruppen. Beim Sport, Grillen oder gemeinsamen Kochen kommen die Kinder ins Gespräch und tauschen sich aus. „Sie erfahren hier, dass sie nicht alleine in dieser Situation sind und dass Tränen, aber auch Wut und Aggression normale Gefühle in der Trauerzeit sind. Auch noch in oder erst nach Wochen“, so Ulla Kuhn und sie ergänzt: „Wenn Kindern und Jugendlichen gesagt wird, der Verstorbene ist von uns gegangen, sind sie zu Recht wütend auf ihn, da er sich nicht von ihnen verabschiedet hat.“ Meryem Ebeling fügt hinzu „dass aus Unwissen- oder Unsicherheit Erwachsene oft zu der Umschreibung ‚Oma ist eingeschlafen‘ greifen. Damit sind Kinder jedoch völlig überfordert. Sie schlafen nicht mehr, weil sie Angst haben, nicht mehr wach zu werden. Sagen Sie daher ehrlich, dass Opa, Tante oder Bruder gestorben sind und nicht mehr wiederkommen.“

Natalie Vennemann und Ulla Kuhn bitten betroffene Eltern, ihre Kinder nicht vom Geschehen fernzuhalten, wenn in der Familie ein Todesfall eingetreten ist. Je weniger Kinder erfahren, umso mehr blüht ihre Fantasie. Der Tod muss im wahrsten Sinne des Wortes begreiflich sein. Dabei dürfen Eltern ruhig ihre Trauer zeigen und Tränen zulassen. Nehmen Sie Kinder, wenn sie es wollen, mit zu Beerdigungen. Geben Sie ihnen einen Ansprechpartner zur Seite, falls Sie als Eltern selbst in dem Moment nicht für Ihr Kind da sein können.

Kontakt:
natalie.vennemann@das-leo.de
ulla.kuhn@das-leo.de

Tel.: 02362 9540402 oder 0175 2978494 

Ihr Zahngold spendet Hoffnung

Während Karin Geismann ihre Trauerbegleitung komplett selbst finanziert, ist das „Trauerbüro“ im LEO auf Spenden angewiesen. So fließt der Erlös der Motorradtour im Rahmen der Männertage in dieses Projekt. Auch die Vereinigung Dorstener Zahnärzte (VDZ) beteiligt sich, unter der Schirmherrschaft der stellvertretenden Bürgermeisterin Christel Briefs, an dieser guten Sache. 

Die Kollegenschaft unter der Leitung von Zahnarzt Dr. Gerhard Riedel setzte diese Idee erstmals 1999 um und sammelte in seiner Praxis Kronen, Inlays und Brücken. Natürlich damals, wie auch heute, nur mit schriftlicher Zustimmung der Patienten. 

Wurde der Erlös anfangs auf verschiedene Dorstener Projekte verteilt, geht die komplette Summe seit drei Jahren an den „Hospizdienst-Freundeskreis-Dorsten e.V.“  mit dem Schwerpunkt „Kindertrauerarbeit“. 47 000 Euro wurden letztmalig gespendet, diese Summe reicht aber bei Weitem nicht aus, um die trauernden Kinder behutsam und kompetent zu begleiten.

In diesem Jahr wird die Zahngoldsammlung Ende September geschlossen, damit der Erlös im Dezember übergeben werden kann. Dieser Rhythmus wird nun beibehalten, um den Patienten Verlässlichkeit und auch Vertrauen in das Projekt zu signalisieren. 

Nach Beendigung der Sammelphase holt der Hospizdienst die Sammeldosen aus den einzelnen Praxen ab und transportiert sie zu einer professionellen Scheideanstalt. Diese trennt in diesem Fall kostenlos Gold, Palladium, Platin, Kupfer und Silber aus den Spenden, so dass der Erlös zu 100 Prozent wieder dem Hospizfreudeskreis zu Gute kommt. So entstehen von keiner Seite aus Verwaltungskosten.

Zur Zeit beteiligen sich 15 Zahnarztpraxen an dieser Sammlung. Frau Dr. Swantje Engels, die 2016 den Vorsitz von ihrem Mann Dr. David Engels übernommen hat, wünscht sich natürlich, dass es mit der Zeit mehr werden. Sollte Ihre Zahnarztpraxis sich nicht an dem Projekt beteiligen, können Sie Ihre Spenden direkt beim Ambulanten Hospizdienst bei der Caritas in Dorsten, Westgraben 18 abgeben – Sie können jedoch auch Ihren Zahnarzt direkt fragen, ob er nicht auch eine Spendendose aufstellen möchte

[Seien Sie solidarisch, lieber Leser, liebe Leserin, und schauen Sie in Ihre Schubladen, ob sie nicht irgendwo eine alte Brücke oder eine Krone, einen Ring oder eine Kette haben. Zwei Gramm Gold oder Silber in der Schublade nützen niemandem. Zwei Gramm Gold oder Silber umgetauscht in Devisen sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Zwei Gramm Gold oder Silber in der Sammelbox helfen Kindern, die einen Angehörigen durch Tod verloren haben.

Spenden Sie Ihre Schätze und tun Sie damit Gutes!

Mehr Infos erhalten Sie auf der Webseite der VDZ www.vdz-dorsten.de

„Der Erlös der Zahngoldspende geht an „Spes Viva – lebendige Hoffnung. Teilen Sie bitte, damit Neues entsteht.“ (Dr. Swantje Engels)

Foto rechts: Sie haben ein gemeinsames Ziel und doch kümmer sich jeder auf seine Weise um trauernde Jugendliche in Dorsten: (v.l.) Claudia Berg ( hauptamtliche Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes), Karin Geismann (Trauerbegleiterin im Abschiedshaus Geismann),  Dr. Swantje Engels ( Vorsitzende der Vereinigung Dorstener Zahnärzte), Ulla Kuhn (Sozialpädagogin und Trauerbegleiterin beim Ambulanten Hospizdienst) und Natalie Vennemann (Kinderkrankenschwester und Kinder- und Jugendtrauerbegleiterin beim Ambulanten Hospizdienst) mit ihrer kleinen Tochter

Text und Foto: Martina Jansen

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